Rika Greenberg, Landesleiterin von MIFF Dänemark, schildert in diesem persönlichen Beitrag, wie anhaltender Hass, Anfeindungen und Bedrohungen sie letztlich dazu zwangen, Dänemark zu verlassen und Alija zu machen.
Liebe Israelfreunde
Ich habe lange darauf gewartet, meine Geschichte mit Ihnen teilen zu dürfen.
Sie kennen mich als Landesleiterin von MIFF in Dänemark – aber Sie kennen meine Geschichte nicht.
Israelisch-jüdisch zu sein in Dänemark ist unmöglich geworden, und eine explodierende Welle von Antisemitismus zwang mich dazu, sehr tief im eigenen Land in den Hintergrund zu treten. Doch jetzt kann ich endlich zeigen, wer ich bin.
Hier ist meine Geschichte.
Halb dänischen «Wienerbrød» – halb Falafel
Mein Grossvater wurde in Armut in der alten Hafenstadt Jaffa geboren, nahe Tel Aviv, als das Gebiet noch unter Kontrolle des Osmanischen Reiches stand. Mein Urgrossvater zog mit Frau und Kindern nach Ägypten, wo mein Grossvater eine französische Schule besuchte. Leider starben meine Urgrosseltern plötzlich, und mein Grossvater musste die Schule abbrechen und als Automechaniker arbeiten. Über seine Kindheit als Arbeiter sprach er nie, aber er erzählte, wie gross seine Angst war, nachts alleine in der Werkstatt zu schlafen.
Einige Jahre später gelang es den acht Geschwistern, nach Israel zurückzukehren, das inzwischen unter britischer Mandatsverwaltung stand. Dort heiratete mein Grossvater meine Grossmutter, die mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern aus Griechenland fliehen konnte, bevor die Nazis zuschlugen. Das junge Paar liess sich in Tel Aviv nieder. Dort wurde meine Tante 1939 geboren, mein Vater 1943 und mein Onkel 1948.
Während des Zweiten Weltkriegs meldete sich mein Grossvater zur Jüdischen Brigade der britischen Armee. Er half bei der Befreiung Italiens und erhielt vier Tapferkeitsmedaillen. Das Leben im jungen Israel war hart. 1948 kämpfte mein Grossvater an der Front, als die arabischen Staaten Israel angriffen. Er half auch beim Aufbau des Hafens in Ashdod und arbeitete viele Jahre für die US-Botschaft.
Meine Mutter wurde auf dem Land in Jütland geboren und reiste in den 1960er-Jahren als Freiwillige in einen Kibbuz nach Israel. Sie verliebte sich in das Land und zog nach Tel Aviv, wo sie meinen Vater kennenlernte. Gemeinsam gingen sie nach Dänemark, wo man Israel damals noch ganz anders sah als heute. Mein Vater fand sich schnell in Kopenhagen zurecht und wurde mit offenen Armen empfangen – von Dänen, die grosse Achtung hatten vor dem kleinen jüdischen Staat, der um sein Überleben in einem Meer von Hass kämpfte.
Doch das änderte sich nach dem Sechstagekrieg von 1967. Als ich 1969 geboren wurde, war bereits spürbar, dass Israelis in Dänemark nicht mehr willkommen waren. Mitte der 1970er-Jahre reisten wir deshalb nach Israel, doch das Heimweh nach Kopenhagen war zu gross, und wir kehrten zurück – in ein Dänemark, in dem sich der Hass inzwischen tief verwurzelt hatte. Ich kam in eine dänische Schule, wurde aber nie akzeptiert. Die Schule weigerte sich, gegen das Mobbing einzugreifen, und ich hatte Angst, überhaupt zur Schule zu gehen. 1979 hielten wir es nicht mehr aus – wir reisten erneut nach Israel, wo ich mit offenen Armen empfangen wurde und mich zu Hause fühlte. Ich wuchs im Schatten von Terroranschlägen auf, erlebte den Libanonkrieg und den Golfkrieg. Aber nie empfand ich dort dieselbe Angst wie in Dänemark.
Der Terroranschlag, der alles veränderte
Dänisches «Wienerbrød» und israelische Falafel – beide gehören zu meiner Identität. Mit meinen tiefen Wurzeln in Dänemark, Israel und Jemen stehe ich mit einem Bein in mehreren Kulturen, Mentalitäten und Lebensformen. Nach dem Golfkrieg 1991 wollten wir Dänemark eine letzte Chance geben. Ich wollte Dänemark – aber Dänemark wollte mich nicht. Der Hass gegenüber israelisch-jüdischen Dänen wurde zum Alltag.
Als im Jahr 2015 ein palästinensischer Terrorist unseren jüdischen Wachmann vor der Synagoge erschoss, wurde unsere schlimmste Befürchtung wahr. Der Anschlag traf uns mitten ins Herz des jüdischen Lebens. Während für die dänische Mehrheitsgesellschaft der Alltag weiterging, war für uns nichts mehr wie zuvor. Das jüdische Leben in Dänemark erholte sich nie von diesem Schock.
Im Laufe der Jahre war ich massiver verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt. Mein Name, meine Nase, meine Hautfarbe, meine dunklen Haare, meine Esskultur, meine Sprache – alles wurde angegriffen. Ich erlebte Hass überall: an der Universität, am Arbeitsplatz, im Supermarkt, unter Nachbarn, auf der Strasse – einfach überall. Für viele Dänen war ich einfach „falsch“. Immer wieder wurde mir gesagt, ich sei „nicht eine von ihnen“. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie weh es tut, vom eigenen Land und Volk abgelehnt zu werden.
MIFF wurde meine Rettung
An einem kalten Novembertag 2018 besuchte ich den Wizo-Basar an der jüdischen Schule in Kopenhagen. Dort sprach mich eine freundliche MIFF-Freiwillige an: Ob ich von „Mit Israel für Frieden“ gehört hätte und ob ich Mitglied werden wolle. In diesem Moment war mir klar: Ich war endlich angekommen.
Ich nahm Kontakt zu Dina Grossman auf – eine wunderbare Frau mit einem Traum. Dina war MIFF-Freiwillige und wollte alle Israel-Freunde aus Dänemark, Grönland und den Färöern in MIFF vereinen. Ich teilte ihren Traum – und gemeinsam setzten wir alles daran, MIFF in Dänemark aufzubauen. Dank unserer grossartigen Israel-Freunde in Norwegen und immer mehr Mitgliedern in Dänemark konnten wir Israel in Dänemark eine starke Stimme geben.
Das Massaker zwang mich zur Entscheidung
Bis zum Massaker vom 7. Oktober 2023 war ich mit Namen und Foto auf MIFFs Website und sozialen Medien präsent. Doch als Terroristen nach Israel eindrangen, um Kinder, Frauen und Männer zu ermorden, zu vergewaltigen und zu entführen, explodierte der Hass in Dänemark – und machte mein Leben unerträglich. Ich wurde zu einem Schatten meiner selbst. Ich konnte weder mir selbst noch meiner Familie oder unseren Israel-Freunden mehr in die Augen blicken.
Es hat in Dänemark immer Antisemitismus gegeben – aber heute ist jüdisches Leben so bedroht wie nie zuvor, und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Viele dänische Juden haben das Land bereits verlassen – und am 16. September 2025 war ich an der Reihe. Nur MIFF und meine engsten Vertrauten wussten, dass ich mein Leben in einen Koffer gepackt hatte – und mein Kopenhagener Dasein gegen ein kleines Zimmer in Be’er Scheva eintauschte.
Dänemark nach 33 Jahren zu verlassen, war das Schwerste – und zugleich das Beste, was ich je getan habe. Nach einem langen Kampf darum, halb «Wienerbrød», halb Falafel sein zu dürfen, zwang Dänemark mich, zwischen meinen Identitäten zu wählen. Es war eine unmögliche Entscheidung – und ich kann es Dänemark nicht verzeihen, dass es mich zu dieser Wahl gezwungen hat.
In Israel hinterfragt niemand mein Aussehen, meine Herkunft oder meinen Akzent. Obwohl das ganze Land in Trauer ist und jeder jemanden verloren hat – Nachbarn, Freunde, Familie –, öffnen mir die Menschen hier ihre Herzen. Sie freuen sich, dass ich endlich zu Hause bin. Ich bin eine von ihnen, kein Fremdkörper. Hier darf ich halb «Wienerbrød», halb Falafel sein. Hier kann ich ich selbst sein – ohne Angst vor Übergriffen, Drohungen oder Diskriminierung. Israel ist mein Zuhause, meine Seele, meine Liebe. Hier gehöre ich hin.
Volle Kraft für MIFF Dänemark – aus Israel
Seit bald sieben Jahren setze ich mich mit ganzer Kraft für MIFF und das jüdische Volk ein. Für mich ist MIFF mehr als nur ein Beruf – es ist meine Berufung. Von Israel aus werde ich noch mehr Energie in unsere Arbeit in Dänemark legen.
All das, was durch Antisemitismus und Israelhass in Dänemark blockiert wurde, will ich von Israel aus aufbauen. MIFF will das Verständnis für Israel und das jüdische Volk stärken. Mit Ihrer Unterstützung können wir eine Organisation aufbauen, deren Stimme so kraftvoll ist, dass niemand sie überhören kann.
MIFF wurde 1978 in Norwegen gegründet – heute sind wir auch in Dänemark, Island, Schweden und im deutschsprachigen Raum aktiv. Mit über 18.000 Mitgliedern sind wir bereits die grösste politisch und religiös neutrale pro-israelische Organisation in Europa. Mit Ihrer Unterstützung gibt es keine Grenze für die Stärke unserer Stimme.
Darum ist Ihre Unterstützung für MIFF das grösste Geschenk, das Sie mir machen können. Ob Sie unsere Artikel lesen, kommentieren oder teilen, ob Sie bei Veranstaltungen mithelfen, Mitglied werden oder eine Spende geben – alles trägt dazu bei, unsere Arbeit für Israel zu stärken.
Danke, dass Sie meine Geschichte gelesen haben – und danke für Ihre Unterstützung!
Die beschädigte israelische Flagge, die dennoch standhält, ist für Rika zum Symbol von Israels Kampf ums Überleben geworden.



