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Über die moralische Bedeutungslosigkeit des UN-Menschenrechtsrats – ein Kommentar

Navi Pillay
Navi Pillay ist eine langjährige Kritikerin Israels und leitete die Arbeit der UNO-Untersuchungskommission zum Vorwurf des „Völkermords“ in Gaza. (Foto: Mark Garten/UNO)

 

Nehmen Sie den UN-Menschenrechtsrat seriös?

Hören Sie sofort damit auf! Der UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) ist völlig voreingenommen, inkonsequent, ungerecht, korrupt und parteiisch. Seine ständigen antiisraelischen Resolutionen sind sachlich irreführend und moralisch bedeutungslos. Sein neuster Bericht, der Israel des Völkermords in Gaza bezichtigt, legt Fehler und Auslassungen offen, die so gravierend und offenkundig sind, dass er wie eine juristische Farce wirkt.

Dieser Artikel ist ein Meinungsbeitrag, kein neutraler Bericht. Er wurde mit der Absicht verfasst, Sie vor der subversiven Tätigkeit des Menschenrechtsrats zu warnen und Sie über seine moralische Verwerflichkeit zu informieren.

Die neuste «Genozid-Analyse» des Menschenrechtsrates

Am 16. September 2025 legte der UN-Menschenrechtsrat einen 72-seitiges Papier vor, das Israel in Gaza rechtlich des Völkermords schuldig sieht (Legal analysis of the conduct of Israel in Gaza pursuant to the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide). Eine spezielle Kommission des Rats ist dabei zu dem Schluss gekommen, Israel würde vier der fünf im Völkermordübereinkommen von 1948 definierten Handlungen begangen haben, darunter: Töten, Verursachen schwerer körperlicher oder seelischer Schäden, das vorsätzliche Herbeiführen von Lebensbedingungen, die auf die Zerstörung der Palästinenser ganz oder teilweise abzielen, sowie das Verhängen von Massnahmen zur Geburtenverhinderung.

Laut dem Bericht sollen Äusserungen israelischer ziviler und militärischer Stellen eine spezifische Vernichtungsabsicht (dolus specialis) gegenüber den Palästinensern im Gazastreifen belegen. Bereits zuvor hatte die Untersuchungskommission Israel in Gaza Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zugeschrieben – darunter Vernichtung, Folter, Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt, andere unmenschliche Handlungen, unmenschliche Behandlung, gewaltsame Vertreibung, geschlechtsspezifische Verfolgung sowie das Aushungern als Methode der Kriegsführung. Nun erhebt sie also zusätzlich den Vorwurf des Völkermords. Das ist der schwerstwiegende Vorwurf des Völkerstrafrechts.

Die Gegenanalyse von UN-Watch

Der Rechtsexperte von UN-Watch, Salo Aizenberg, hat den UN-Bericht sorgfältig geprüft und veröffentlicht dazu eine detaillierte Gegenanalyse (PDF-Datei). Aizenberg legt Fehler und Auslassungen offen, die extrem gravierend und offenkundig sind. MIFF bietet Ihnen nachfolgend eine Neun-Punkte-Zusammenfassung seines Gegenberichts in deutscher Sprache.

  1. Scheitern beim Nachweis von dolus specialis (spezifische Vernichtungsabsicht): Die spezifische Absicht, eine geschützte Gruppe zu vernichten, ist der zentrale und extrem hohe Beweisschwelle in jedem Völkermordverfahren. Der Befund der Kommission zu einer genozidalen Absicht scheitert bereits an dieser Hürde: Er stützt sich auf selektive Zitate, keine eindeutige Belege, die einen genozidalen Masterplan offenlegen würden.
  2. Auslöschung von Hamas als Kriegspartei: Der Bericht erkennt nicht an, dass die IDF (Israelische Verteidigungsstreitkräfte) in Gaza gegen eine auf etwa 30’000 Kämpfer geschätzte Hamas-Truppe sowie Tausende Kämpfer weiterer Milizen kämpft. Ein Leser müsste meinen, die IDF führe Krieg einzig gegen Frauen und Kinder – Hamas wird aus der Erzählung vollständig getilgt. Die Kommission unternimmt keinen Versuch, den Krieg als solchen zu analysieren.
  3. Schweigen zur Hamas-Militärinfrastruktur: Kein Wort wird verloren über den 17-jährigen militärischen Aufbau der Hamas in Gaza, ihr weitverzweigtes Tunnelsystem, sprengfallenpräparierte Gebäude und die massive Aufrüstung. Indem dieser Realitätsrahmen ignoriert wird, wird dem Konflikt sein militärischer Kontext entzogen und werden rechtmässige militärische Ziele als Beleg für Völkermord umgedeutet.
  4. Auslöschung der Hamas-Nutzung ziviler Infrastruktur: Die Kommission ignoriert die offen eingestandene Strategie der menschlichen Schutzschilde, einschliesslich des Einsatzes von Moscheen, Schulen, Wohnhäusern und Spitälern zur Tarnung von Tunnels und Waffen (vgl. MIFF-Artikel dazu: Geleakte Dokumente belegen, dass Hamas Krankenhäuser in Gaza als Terrorinfrastruktur missbrauchen). Stattdessen wird Schaden an solchen Orten konsequent als vorsätzliche Zielauswahl von Zivilisten durch Israel dargestellt.
  5. Keine Anerkennung der Geiselkrise: Der Bericht verschweigt, dass Hamas israelische Geiseln genommen hat und sie weiterhin festhält, sie hungern lässt und vergewaltigt. Dieses Auslassen fügt sich in die weitergehende Tilgung von Hamas als aktivem Akteur in Gaza ein und nimmt der Darstellung der Kommission entscheidenden Kontext.
  6. Verlassen auf von Hamas gelieferte Totenzahlen: Trotz Hamas’ langjähriger Neigung zur Überhöhung ziviler Opferzahlen und ihrer Einstufung als Terrororganisation durch USA und EU werden deren Angaben als Tatsache behandelt, während IDF-Daten zu getöteten Kombattanten ignoriert werden.
  7. Zivile Todesfälle als Beweis für Völkermord verzerrt: Zivile Opfer werden als prima-facie-Beleg für genozidale Absicht präsentiert statt als tragische, oft unvermeidbare Folge urbaner Kriegführung, verstärkt durch die Schutzschild-Strategie der Hamas. Zahlreiche Vorfälle mit zivilen Toten werden ohne Belege als absichtliche, gezielte Tötungen durch Israel gewertet.
  8. Normale Kriegsfolgen als Verbrechen etikettiert: Übliche und erwartbare Auswirkungen von Krieg auf Zivilisten – psychische Belastungen, erschwerter Zugang zu medizinischer Versorgung, Vertreibung – werden als Belege für Völkermord ausgegeben statt als unvermeidliche Folgen urbaner Konflikte.
  9. Stadtruinen als „Ausrottung“ gedeutet: Grossflächige Zerstörung wird als Beweis für Völkermord herangezogen, ohne zu berücksichtigen, dass urbane Gefechte inhärent weitreichende Schäden verursachen, insbesondere, wenn militärische Kräfte in zivile Gebiete eingebettet sind.

Herr Aizenberg schreibt in Konklusion: «Ausserdem ignoriert die Kommission das Offensichtliche: Das Leid der Gazaner könnte spürbar verringert oder sogar beendet werden, wenn Hamas alle Geiseln freiliesse und die Kontrolle über Gaza aufgäbe. Die Vorstellung, dass eine Bevölkerung, der angeblich ein Völkermord widerfährt, die Möglichkeit hätte, ihn zu beenden, es aber nicht tut, ist in der Geschichte tatsächlicher Genozide beispiellos – und legt einen bewussten blinden Fleck des Berichts offen. Dieses Auslassen spiegelt die weitergehende Tilgung von Hamas als handlungsfähiger Konfliktpartei mit Verantwortung wider und hinterlässt den falschen Eindruck, alles Leid in Gaza sei ausschliesslich Israels Verantwortung».

Untersuchungskommission zusammengesetzt aus Israels Feinden

Der neuste Bericht des Menschenrechtsrates, der Israel Völkermord bezichtigt, wurde von einer sogenannten Untersuchungskommission recherchiert und verfasst. Nehmen wir nun die Zusammensetzung dieser Kommission unter der Lupe, erscheint ein verblüffendes Bild: Nicht nur wurde die Kommission von langjährig bekannten Israel-Kritikern geleitet, sondern die Zusammensetzung der Kommission wurde grossenteils von undemokratischen Ländern entschieden, die Israel feindlich gegenüberstehen.

Die Untersuchungskommission wurde erstmal am 27. Mai 2021 in einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats auf Antrag Pakistans im Namen der 57 Staaten der Organisation of Islamic Cooperation eingesetzt (HRC Res. S-30/1: Establishing an Ongoing Commission of Inquiry on Palestine). Zur Leitung berief der Ratspräsident Navi Pillay (Vorsitz), Miloon Kothari und Chris Sidoti – allesamt Persönlichkeiten, die über Jahren wegen radikaler Israel-Kritik aufgefallen sind. Beim fraglichen Genozid-Bericht wurde die Kommission neben den OIC-Staaten auch massgeblich von dem Gulf Cooperation Council geprägt – wo Katar, ein Land, das Hamas finanziert und unterstützt, die Führerrolle innehat. Damit wird sichtbar, dass die aktuelle Berichterstattung dieser Kommission in einem Umfeld vorangetrieben wird, in dem nicht nur Israelkritiker, sondern auch lupenreine Israelfeinde die Agenda stark mitbestimmen.

Agenda-Punkt 7 als Sonderfall

Der UNO-Menschenrechtsrat steht seit Jahren wegen „Agenda-Punkt 7“ („Menschenrechtslage in Palästina und anderen besetzten arabischen Gebieten“) in der Kritik. Es ist der einzige ständige Tagesordnungspunkt, der ausschliesslich einem einzelnen Land – Israel – gewidmet ist; alle anderen Ländersituationen werden unter allgemeinen Punkten behandelt. Wie sich das mit den UNO-Grundsätzen der Universalität, Objektivität und Nicht-Selektivität verträgt, darf man fragen. Sollen wir wirklich glauben, Israel sei der schlimmste Menschenrechtsverletzer des Planeten – schlimmer als Nordkorea, China, Iran, Venezuela, Turkmenistan, Afghanistan, Sudan und Eritrea?

Wer die Praxis des Rates betrachtet, müsste zu genau diesem Eindruck gelangen: Israel steht so oft am Pranger wie kein anderer Staat und wurde in Resolutionen häufiger verurteilt als alle anderen Länder der Welt zusammen (!).

Durch den Agenda-Punkt 7 funktioniert der Menschenrechtsrat also praktisch als dauerhafte Inquisition gegen den jüdischen Staat. Schon allein vor diesem Hintergrund fällt es schwer, den Rat als unabhängige oder gerechte Autorität zu betrachten.

Fazit

Wer sich mit den Sponsoren, den Arbeitsmethoden und dem Output des UN-Menschenrechtsrats sorgfältig auseinandersetzt, kann sich dem Erstaunen über dessen fehlende Objektivität und Fairness schwer entziehen. Die voreingenommene Einseitigkeit und Israelfeindlichkeit des Rats stehen seit Jahren in der Kritik; diese ist in diplomatischen Kreisen zweifellos wohlbekannt – und nichtsdestotrotz spielt der Rat durch seine Resolutionen und Berichte weiterhin eine bedeutende Rolle in der Öffentlichkeit, nicht zuletzt, weil diese als Grundlage für wirkungsvolle Schlagzeilen dienen.

Für viele Normalbürger ohne besondere Vorkenntnisse macht es Eindruck zu hören, dass eine UN-Autorität mit den Ehrenworten „Kommission“ und „Menschenrecht“ im Namen Israel „Apartheid“, „illegale Okkupation“ und nun sogar „Völkermord“ zuschreibt. Menschen aus demokratischen Rechtsstaaten neigen dazu, zu denken, dass eine Kommission objektive Arbeitsstandards aufrechterhält. Dass der UN-Menschenrechtsrat als Organ für einseitigen Aktivismus durch autoritäre Diktaturen funktioniert, fällt den wenigsten auf.

Die DACH-Länder Deutschland, Österreich und Schweiz haben bislang keine eigenständige Politik aus den jüngsten Genozidvorwürfen abgeleitet und halten sich mit klaren Stellungnahmen zurück. Diese Zurückhaltung ist angemessen. Aber der diplomatische Druck im EU-Raum drängt auf Boykott und Ausgrenzung gegenüber Israel, und fabrizierte Berichte und Resolutionen der UNO (weitere Beispiele hier und hier) bilden eine Grundlage dafür.

Es wäre höchste Zeit, die UNO im Allgemeinen und den Menschenrechtsrat im Speziellen zu denunzieren und ihnen jegliche moralische Autorität zu entziehen. Leider stehen die diplomatischen Trendzeichen in Europa derzeit anders.


 

Dr. philos. Jens Tomas Anfindsen unterrichtet seit vielen Jahren in den Bereichen Religion, Philosophie und Ethik. Er ist Leiter von MIFF DACH und Redaktor von Israelfrieden.org.