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Hamas steuerte internationale Hilfsorganisationen in Gaza

Durch von Hamas bestimmte „Garanten“ lenkte die Organisation humanitäre Projekte, während NGOs über die Übergriffe der Hamas schwiegen.

Ein neues Dokumentenpaket zeigt: NGOs operierten nicht frei – sondern unter systematischer Überwachung und Druck der Hamas

Es ist lange ein „offenes Geheimnis“ gewesen, doch ein umfangreicher Bericht des NGO-Monitor auf Grundlage interner Hamas-Dokumente aus den Jahren 2018–2022 zeigt nun handfest, wie weitreichend die Kontrolle der Terrororganisation über internationale Hilfsorganisationen in Gaza tatsächlich war.

Die Unterlagen stammen aus dem Interior Security Mechanism (ISM), der innere Sicherheitsapparat der Hamas (eine Abteilung des Innenministeriums). Sie wurden von den israelischen Streitkräften (IDF) aus Gaza entfernt und später deklassifiziert.

Die Dokumente zeigen, dass Hamas systematisch Personal, Projekte, Bewegungen und interne Daten humanitärer Organisationen kontrollierte – darunter solche, die von europäischen Regierungen, den USA oder den Vereinten Nationen finanziert werden. Internationale NGOs mussten sich an Hamas-Vorgaben anpassen und in einem Klima aus Druck, Einschüchterung und Überwachung arbeiten.

Der „Guarantor“-Mechanismus: Hamas platzierte Vertrauenspersonen in NGO-Führungspositionen

Ein zentrales Instrument zur Kontrolle humanitärer Organisationen war das sogenannte Guarantor-System. NGOs wurden verpflichtet, lokale Leitungspersonen einzusetzen, die von der Hamas genehmigt waren und als inoffizielle Verbindung zur Sicherheitsbehörde fungierten.

In den Hamas-Dokumenten aus dem Jahr 2022 werden unter anderem folgende Organisationen erwähnt, bei denen solche Guarantors tätig waren:

Medical Aid for Palestinians (Grossbritannien)
Human Appeal (Vereinigtes Königreich)
CIVITAS Institute (Gazastreifen)
Cesvi – Cooperation and Development (Italien)
International Medical Corps (USA)
Norwegian Refugee Council (Norwegen)
El Baraka Association for Charitable and Humanitarian Work (Gaza)
Rahma Worldwide for Aid & Development (USA/Kuwait)
Handicap International / Humanity & Inclusion
Catholic Relief Services (USA)
Save the Children (USA/UK)

Mindestens zehn dieser Guarantors waren laut Hamas-Dokumenten Mitglieder oder Unterstützer der Hamas oder standen Hamas-nahen Institutionen nahe. Die Terrororganisation beschreibt diese Positionen ausdrücklich als potenzielle nachrichtendienstliche Ressourcen, die zur Infiltration und Überwachung der NGOs genutzt werden sollen.

Ein internes Papier vom März 2020 ordnete an, alle Guarantors „zu identifizieren, sicherheitstechnisch zu klassifizieren und nutzbar zu machen“. Zudem sollten die internationalen Organisationen „unter ständiger technologischer Überwachung“ stehen, einschliesslich Kameras und menschlicher Quellen.

Eingriffe in Projekte, Daten und Personal

Der Bericht dokumentiert zahlreiche Fälle, in denen Hamas gezielt in die operative Arbeit humanitärer Organisationen eingriff.

Überwachung und Profiling humanitärer Mitarbeiter:
Hamas legte detaillierte Profile über 55 NGO-Mitarbeitende an, mit Informationen zu Reisen, Familienverhältnissen, religiöser Praxis, sozialem Umfeld und politischen Präferenzen.

Zensur von Projektfragen:
Organisationen wie Oxfam und Mercy Corps wurden gezwungen, Fragen aus Umfragen und Projektformularen zu entfernen, die unbeabsichtigt Hinweise auf Tunnelbau, militärische Infrastruktur oder Kämpfer liefern könnten. Hamas begründete dies mit „Sicherheitsaspekten“.

Finanzielle Kontrolle:
Save the Children und International Medical Corps wurden laut Dokumenten unter Druck gesetzt, interne Finanzberichte offenzulegen. Bei Weigerung drohten Projektstopps oder die Schliessung von Büros.

Nutzung humanitärer Projekte zu militärischen Zwecken:
Ein Oxfam-Wasserprojekt in einem sensiblen Grenzgebiet wurde gemäss Hamas-Dokumenten über eine Hamas-nahe Firma umgesetzt, wobei landwirtschaftliche Begrünung als Tarnung für militärische Aktivitäten diente.

Komplizenschaft:
Ein besonders aufschlussreicher Fall aus dem Jahr 2022 betrifft das Norwegian Refugee Council: Bei einem Hausbesuch in einer stark beschädigten Wohnung fragte der Bewohner die Delegation, ob der eingestürzte Boden darauf hindeute, dass sich ein Tunnel unter seinem Haus befinde – ein Hinweis, den die NRC-Mitarbeitenden gemäss Hamas-Protokoll weder aufgriffen noch kommentierten. 

Ein Hamas-Bericht aus dem Jahr 2022 hält einen Vorfall fest, bei dem ein Bewohner von Gaza dem Norwegian Refugee Council (NRC) meldete, sein Fussboden sei eingestürzt, und er vermute einen Hamas-Tunnel darunter. NRC versicherte der Hamas, dass das Personal weder die Möglichkeit eines Tunnels angesprochen noch auf die Sorge des Bewohners reagiert habe.

Zwischen humanitärem Auftrag und Einschüchterung

Die Dokumente zeigen, dass NGOs in Gaza nur mit direkter Genehmigung des Hamas-Innenministeriums operieren durften und ihre Programme mit Hamas-Behörden abstimmen mussten. Ausländisches Personal war vollständig von Hamas-Zutrittsgenehmigungen abhängig. Viele NGOs mussten lokale Partner einsetzen, die Hamas-nah waren, und wurden über die Guarantors faktisch in einen permanenten Kommunikationskanal mit der Hamas gezwungen.

Mehrere Organisationen werden von Hamas als „nicht kooperierend“ eingestuft – ein Hinweis darauf, dass manche versuchten, den Einfluss zu begrenzen, jedoch realistisch kaum Handlungsspielraum hatten.

NGO Monitor weist darauf hin, dass viele dieser Hilfsorganisationen öffentlich kaum über diese Bedingungen sprachen und ihre Lage verschwiegen. Dadurch entstand ein humanitärer Raum, der nicht mehr neutral war, sondern teilweise Funktionen eines Hamas-gesteuerten Systems erfüllte.

Quelle

NGO Monitor, Puppet Regime: Hamas‘ Coercive Grip on Aid and NGO Operations in Gaza, Dezember 2025 .