Die jüngste Anerkennungswelle westlicher Staaten für Palästina hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst. MIFF bezieht hier offiziell Stellung.
Faktenlage: Bereits vor dem 7. Oktober 2023 hatten 147 der 193 Mitgliedstaaten der UNO «Palästina» als Staat anerkannt. Seitdem sind nun elf weitere Länder hinzugekommen:
- Vereinigtes Königreich (UK)
- Kanada
- Australien
- Portugal
- Frankreich
- Malta
- Luxemburg
- Belgien
- Andorra
- Monaco
- Norwegen
Damit hat sich der internationale Kreis der Staaten, die eine Anerkennung ausgesprochen haben, nochmals vergrössert. Bemerkenswert ist, dass es sich diesmal um westliche Staaten handelt, die offiziell als Unterstützer Israels auftreten – und dies ausgerechnet in einer Phase, in der Israel Krieg führt in genau jenen Gebieten, in denen sich der palästinensische Staat angeblich befinden soll. Und das Ganze geschieht trotz der Massaker vom 7. Oktober, trotz der fortgesetzten Terrorherrschaft der Hamas im Gazastreifen und trotz der anhaltenden Festhaltung der Geiseln.
🟦 MIFF kommentiert
- Belohnung für Terror
Wie zahlreiche Kommentatoren bereits festgestellt haben, können die neuen Anerkennungen kaum anders verstanden werden als eine Belohnung für die Terroranschläge vom 7. Oktober und den «Widerstandskampf» gegen Israel überhaupt. Führende Hamas-Vertreter äussern auch diese Analyse öffentlich und mit Stolz.
- Signal der Schwäche
Die Anerkennung eines palästinensischen Staates ist völkerrechtlich so schwach fundiert (vgl. Pkt. 3) und politisch so offensichtlich unvernünftig (vgl. Pkt. 1), dass die Öffentlichkeit kaum anders als erkennen kann, dass sie nicht aus Vernunftgründen oder Prinzipienfestigkeit, sondern aus politischem Druck entstanden ist. Welcher Druck? – Vermutlich jener, der von den wütenden pro-palästinensischen Massen in den betroffenen Ländern ausgeht.
Mit Antizionismus kaufen sich Politiker heutzutage billige Ruhe: Sie bedienen die radikale Linke und besänftigen zugleich die gewaltbereiten islamischen Milieus im eigenen Land. Doch die Unsicherheit und Schwäche, die auf diese Weise projiziert werden, sind offenkundig und werden auch auf der «arabischen Strasse» im Westen aufmerksam registriert: Europa knüpft seine Anerkennung nicht einmal an die Rückgabe der Geiseln, geschweige denn an die Entwaffnung der Hamas oder an ein glaubwürdiges Friedensbekenntnis der Palästinenser.
Das Ergebnis ist ein gefährlicher Präzedenzfall, der Gewaltbedrohungen belohnt und Hetze ermutigt.
- völkerrechtlicher Unsinn
Das Hauptproblem einer Anerkennung Palästinas aus philosophischer Perspektive besteht darin, dass etwas anerkannt wird, das faktisch nicht existiert. Kein palästinensisches Gebilde erfüllt die Kriterien der Staatlichkeit. Staatlichkeit lässt sich jedoch nicht herbeiwünschen. Was wäre, wenn alle Länder der Welt ‚Narnia‘ als Staat anerkennen würden – würde dieser dadurch tatsächlich existieren?
Auch völkerrechtlich stosst die Anerkennung Palästinas gegen eine Reihe wohletablierte Prinzipien. Der australische Advokat Peter Wertheim hat die Rechtslage dazu in seinem Artikel «Recognizing a Palestinian State before a Peace Agreement with Israel Undermines the International Rule of Law» systematisch aufgearbeitet, und einige seiner Argumente sind in diesen Beitrag eingeflossen.
Das von zahlreichen Ländern anerkannte palästinensische Staatsgebilde erfüllt nicht die vier Kriterien der Staatlichkeit, wie sie in Artikel 1 der Montevideo-Konvention über die Rechte und Pflichten von Staaten von 1933 festgelegt sind. Diese gelten weithin als das völkergewohnheitsrechtliche Mindestmass für die Entstehung eines neuen Staates. Die Kriterien lauten:
- a) eine ständige Bevölkerung.
- b) ein klar abgegrenztes Staatsgebiet.
- c) eine Regierung.
- d) die Fähigkeit, Verträge mit anderen Staaten abzuschliessen.
Drei der Kriterien – (b) ein klar abgegrenztes Staatsgebiet, (c) eine einheitliche, zentralisierte Regierung sowie (d) die Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Staaten aufzunehmen – werden von keiner palästinensischen Entität in offensichtlicher Weise erfüllt.
Zu b: Israel kontrolliert rein faktisch das fragliche Gebiet weitgehend. Nach den Oslo-Abkommen von 1993 sollte Israel auch die Sicherheitskontrolle über das Westjordanland bis zu einer endgültigen Friedenslösung zwischen den Parteien behalten.
Zu c: Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hat seit den Parlamentswahlen von 2006 keine allgemeinen Wahlen mehr durchgeführt; auch die letzte Präsidentschaftswahl fand bereits 2005 statt. Nach allen gängigen demokratischen Standards fehlt der PA damit eine legitime Regierungsautorität. Hinzu kommt eine faktische Spaltung der Autorität: Während die korrupte und demokratisch nicht-legitimierte PA im Westjordanland regiert, kontrolliert die Terrororganisation Hamas seit ihrem gewaltsamen Umsturz von 2007 den Gazastreifen.
Zu d: Solange die grundlegenden Kriterien der Staatlichkeit – insbesondere ein abgegrenztes Territorium und eine einheitliche, legitime Regierung – nicht erfüllt sind, bleibt die Fähigkeit zum Abschluss völkerrechtlich bindender Verträge bestritten und eingeschränkt. Gemäss den Oslo-Abkommen bleibt die Kompetenz zur Aussen- und Sicherheitspolitik im gesamten Westjordanland ausdrücklich Israel vorbehalten, bis eine endgültige Statusregelung erreicht ist.
Darüber hinaus gilt: Nach der UN-Charta von 1945 – angesehen als die „Verfassung der internationalen Gemeinschaft“– sind Staaten verpflichtet, ihre Konflikte friedlich beizulegen (Art. 2 Abs. 3) und auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt zu verzichten (Art. 2 Abs. 4). Keine politische Entität der Palästinenser erfüllt derzeit diese Grundvoraussetzung. Die Palästinenser haben es insgesamt versäumt, sich zu verpflichten, die Unverletzlichkeit der Grenzen Israels zu respektieren und sämtliche Streitigkeiten mit Israel auf friedlichem Wege zu lösen.
Fazit
Die internationale Anerkennung eines palästinensischen Staates erweist sich bei näherem Hinsehen als politisch kurzsichtig, rechtlich haltlos und ethisch problematisch. Sie belohnt nicht nur den Terror des 7. Oktober, sondern projiziert auch Schwäche und Unsicherheit, die von radikalen Kräften im Nahen Osten wie in Europa genau registriert werden. Darüber hinaus verstösst sie gegen die etablierten völkerrechtlichen Mindeststandards der Staatlichkeit und unterläuft die Prinzipien der UN-Charta, auf denen das internationale System beruht.
Die Anerkennung Palästinas unter den heutigen Umständen ist keine Friedenspolitik, sondern gefährliche Illusion. Sie belohnt Gewalt und stärkt Extremisten.
Dr. philos. Jens Tomas Anfindsen unterrichtet seit vielen Jahren in den Bereichen Religion, Philosophie und Ethik. Er ist Leiter von MIFF DACH und Redaktor von Israelfrieden.org.



