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Netanyahu: „Es wird nie einen palästinensischen Staat geben“ – Israel baut das E1-Gebiet aus

E1 und Maale Adumim
Anexionsgebiet E1 und Ma'ale Adumim (© 2025 Peace Now)

Bei einer Zeremonie in Ma’ale Adumim hat Israels Premier Benjamin Netanyahu ein Rahmenabkommen unterzeichnet, das den umstrittenen Ausbau im sogenannten E1-Gebiet vorantreibt. Er erklärte: „Es wird nie einen palästinensischen Staat geben. Dieser Ort ist unser“, und stellte tausende neue Wohneinheiten sowie einen deutlichen Ausbau der Infrastruktur in Aussicht.

So unterschrieb Netanyahu am 11. September 2025 in Ma’ale Adumim eine Vereinbarung zur weiteren Expansion der Siedlung. Laut Berichten sollen in den kommenden Jahren tausende zusätzliche Wohnungen entstehen; zugleich betonte der Premier, es gehe um die Sicherung von „Erbe, Land und Sicherheit“.

Der E1-Plan

Das E1-Gebiet liegt unmittelbar bei Ma’ale Adumim, östlich von Jerusalem. Das Vorhaben, das über Jahre wiederholt eingefroren worden war, erhielt im August die abschliessende Billigung einer Planungsinstanz im Verteidigungsministerium. Vorgesehen sind neue Quartiere mit rund 3’400 Wohneinheiten sowie umfangreiche Verkehrs- und Infrastrukturmassnahmen. Die Investitionssumme wird auf nahezu 1 Milliarde US-Dollar geschätzt. Netanyahu stellte in Aussicht, dass Ma’ale Adumim in fünf Jahren rund 70’000 Einwohner zählen könnte.

E1: Der Schnitt durch die Zweistaatenlösung

Kritiker warnen, ein jüdischer Ausbau des E1-Gebiets würde die Westbank von Ost-Jerusalem abtrennen. Dadurch wäre der territoriale Zusammenhang eines potenziellen palästinensischen Staates im Westjordanland weitgehend zerschnitten.

Die EU-Aussenvertretung erklärte, das Vorrücken beim E1-Plan „untergräbt die Zwei-Staaten-Lösung“ und würde die geografische Kontinuität „zwischen Ost-Jerusalem und dem Westjordanland dauerhaft durchschneiden“ – zudem verstosse es gegen Völkerrecht.

Auch UNO-Generalsekretär António Guterres warnte, die E1-Fortschritte seien eine „existenzielle Bedrohung“ für die Zweistaatenlösung, weil sie den nördlichen und südlichen Teil der Westbank voneinander abtrennen würden.*
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(Red. Anm.: Dieser Punkt ist sachlich nicht korrekt. Östlich von Ma’ale Adumim verbleiben rund 15 km Land. Auch Israel ist an seiner schmalsten Stelle nicht breiter als rund 15 km. Vgl. Karte unten.)

In einer gemeinsamen Erklärung westlicher Aussenministerien (u. a. EU-Staaten, Australien, Kanada, mehrere nord- und westeuropäische Länder) heisst es: „Wir verurteilen diese Entscheidung aufs Schärfste und fordern ihre umgehende Rücknahme.“

🟦 MIFF kommentiert

Das von Netanyahu unterzeichnete Rahmenabkommen zur Entwicklung des E1-Gebiets stützt die zentrale Linie der Regierungskoalition hinsichtlich einer jüdischen Präsenz in Judäa und Samaria. Obwohl über Jahre aus diplomatischen Gründen verschoben, erfolgt das jetzige grüne Licht zum Ausbau vor dem Hintergrund einer wachsenden Koalition westlicher Länder, die angekündigt haben, in der UNO am 23. September einen palästinensischen Staat anzuerkennen.

International dürfte dieser Schritt somit die diplomatischen Spannungen für Israel deutlich verschärfen. Viele Staaten betrachten die Siedlungen als völkerrechtswidrig und sehen im E1-Ausbau ein wesentliches Hindernis für eine Verhandlungslösung oder die Zweistaatenlösung selbst.

Mit den Worten „Es wird nie einen palästinensischen Staat geben“ und mit der Tat, die E1-Zone auszubauen, geht Netanyahu damit auf offenem Konfrontationskurs mit einem breitestmöglichen internationalen Konsens und mit nahezu allen seinen sogenannten Verbündeten – vorerst mit Ausnahme der USA.

Geht der Gazakrieg bald zu Ende, beginnt nun die nächste Runde: Die Souveränitätsfrage in Judea und Samaria wird zur Chefsache der Weltpolitik.

 

 

Dr. philos. Jens Tomas Anfindsen unterrichtet seit vielen Jahren in den Bereichen Religion, Philosophie und Ethik. Er ist Leiter von MIFF DACH und Redaktor von Israelfrieden.org.

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