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Die zehn grossen antiisraelischen Lügen und wie man sie mit der Wahrheit widerlegt – eine Buchrezension

Dershowitz 10 big lies
„The Ten Big Anti-Israeli Lies and How to Refute Them With Truth“, von Alan Dershowitz (2024).

Der bekannte amerikanische Rechtsprofessor und Autor Alan Dershowitz veröffentlichte im November 2024 das Büchlein «The Ten Big Anti-Israeli Lies and How to Refute Them With Truth», das sich mit zehn falschen Vorwürfen gegen Israel und die Juden befasst.

 

📚 MIFF Rezension

Die zehn Vorwürfe, die Professor Dershowitz in seinem Buch behandelt, laufen im Kern darauf hinaus, dass Israel und die Juden für die zahlreichen Konflikte und Feindseligkeiten im Nahen Osten verantwortlich seien. Das Buch ist kurz und leicht lesbar, bietet jedoch eine prägnante und zugleich repräsentative Zusammenstellung jener Lügen, mit denen Juden und Unterstützer Israels unaufhörlich von den radikalen Linken und der pro-palästinensischen Seite konfrontiert werden – nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem anhaltenden (oder eben erst beendeten) Krieg in Gaza.

Es ist anzunehmen, dass Leser mit fundierten Kenntnissen über Israel und seine Geschichte mit den meisten der von Dershowitz dargestellten Anschuldigungen bereits vertraut sind. Das Buch richtet sich daher in erster Linie an Freunde Israels, die ihre Fähigkeit stärken möchten, böswillige und unwahre Behauptungen über das jüdische Volk und seinen Staat wirkungsvoll zurückzuweisen.

Wer mit den schwerwiegendsten dieser Anschuldigungen konfrontiert wurde, wird die auffällige Ähnlichkeit zwischen antiisraelischer und antisemitischer Propaganda einerseits und traditioneller antidemokratischer Agitation andererseits kaum übersehen haben. Professor Dershowitz greift diesen Aspekt abschliessend auf und untersucht die Gründe, weshalb die politische Linke ihren Hass auf Israel über alle anderen Konflikte der Welt stellt.

Da Demagogen selten an objektiver Wahrheit interessiert sind, sondern ausschliesslich daran, Diskussionen mit vorgefertigten Lügen und Doktrinen zu „gewinnen“, kann es schwierig sein, ihnen mit Logik und sachlicher Argumentation zu begegnen. Dieses Buch bietet daher keine Garantie, alle Debatten über die komplexen politischen Fragen im Nahen Osten zu gewinnen. Es enthält jedoch viel nützliche Munition für diejenigen, die die palästinensische Hasspropaganda und ihre Verbreitung in weiten Teilen der europäischen Politik satt haben. (NB: Das Buch befasst sich nicht mit der Entwicklung des Gazakrieges nach November 2024.)

Die zehn Anschuldigungen

1.    Israel ist ein imperialistischer Kolonialstaat

Dieses „Argument” lässt sich relativ einfach mit nackten Fakten widerlegen, vorausgesetzt, man kennt die Fakten.

Zunächst einmal geht es um die Definition von Kolonialismus selbst. Dershowitz argumentiert, dass der Begriff „Kolonialismus“ essenziell bedeutet, dass ein Kolonisator eine fremde Region beherrscht, um sie auszubeuten und wirtschaftlich auszunutzen, und dabei die einheimische Bevölkerung unterdrückt. Dershowitz weist aber auf, dass Israel von Menschen gegründet wurde, die selbst britischen und zuvor osmanischen Kolonialherren unterworfen waren, sich selbst von dieser Kolonialherrschaft befreiten und selbst das Land kultivierten und industrialisierten.

Ein zentraler Punkt in Dershowitz’ Argumentation ist, dass das jüdische Volk nicht fremd im Land Israel ist, sondern seit Jahrtausenden tief mit ihm verbunden und dort verwurzelt. Es hat in diesem Gebiet einen legitimen Anspruch auf nationale Selbstbestimmung geltend gemacht. Die Juden sind also nicht bloss als Neuankömmlinge oder als fremde Macht in ein fremdes Land gekommen; sie haben kein einheimisches Volk überfallen oder ausgebeutet. Vielmehr sind die Juden ein Volk, das ein rechtmässiges Nationalprojekt in einem Land mit mehrtausendjähriger jüdischer Präsenz verwirklicht hat.

Andererseits sollte man auch die schwierige Lage der Araber, die in den besetzten Gebieten des Westjordanlands leben, nicht bagatellisieren. Ihre Situation ist jedoch sachlich gesehen nicht auf Kolonialismus zurückzuführen, sondern darauf, dass die Palästinenser im Allgemeinen – und ihre politischen Anführer im Besonderen – seit Jahrzehnten Krieg der friedlichen Koexistenz mit Israel vorgezogen haben. (Dieses Problem wird auch in den Kapiteln 7 und 8 unten behandelt.)

2.    Israel hat dem palästinensischen Volk die Staatsgründung verweigert

Auch diese Behauptung lässt sich anhand historischer Fakten relativ leicht widerlegen. Professor Dershowitz verweist darauf, dass Israel die Gründung eines palästinensischen Staates mehrfach akzeptiert habe – 1937–1938, 1947–1948, 1967, 1993, 2000–2001 sowie 2007 – und betont, dass es die Palästinensischen Behörden (PA) waren, die diese Lösungen jedes Mal ablehnten. An jedem dieser Scheidewege wurde es folglich offensichtlich, dass die Palästinenser keine Friedenslösung wollten.

Ein anschauliches Beispiel dafür ist, dass die Araber 1937 ihren Widerstand gegen einen vorgeschlagenen Friedensplan damit begründeten, dass sie die Juden nicht assimilieren könnten, mit anderen Worten, dass die Gründung eines jüdischen Staates nicht einmal zur Diskussion stand. Die gleiche Situation entstand als die UNO im November 1947 (Resolution 181) die Gründung eines unabhängigen arabischen und eines unabhängigen jüdischen Staates empfahl, mit Jerusalem unter internationaler Verwaltung. Diese Lösung wurde von Israel akzeptiert, nicht jedoch von den arabischen Führern.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Weder die UNO noch Grossbritannien (das bis zum 15. Mai 1948 für das Mandatsgebiet Palästina verantwortlich war) etwas unternahmen, um die Empfehlungen der Resolution 181 umzusetzen. Als Israel am selben Tag, an dem das Mandat auslief, seine Unabhängigkeit erklärte, wurde das Land von allen Nachbarstaaten mit Unterstützung Saudi-Arabiens, Jemens und Libyens angegriffen.

Neben dem Wunsch, die Staatsgründung Israels zu verhindern, versuchten die arabischen Staaten auch, die palästinensische Bevölkerung zu marginalisieren und zu kontrollieren. Der Krieg endete jedoch bekanntlich damit, dass Israel die Kontrolle über Galiläa, das Jesreel-Tal, Westjerusalem, den Küstenstreifen nördlich von Gaza und die Negev-Wüste erlangte. Syrien kontrollierte die Golanhöhen und gewann von Israel einen Landstreifen an der Ostseite des Sees Genezareth. Der Libanon besetzte ein kleines Gebiet bei Rosh Hankira, während Jordanien das Westjordanland erhielt und Ägypten den Gazastreifen besetzte.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden zwischen 1947 und 1949 um die 726.000 Araber aus dem Gebiet, das dem jüdischen Staat zugewiesen worden war, vertrieben oder flohen, während alle Juden – laut Angaben des Roten Kreuzes und der UNRWA etwa 40.000 – aus dem Teil des Westjordanlands vertrieben, der außerhalb des britischen Mandatsgebiets lag. Der gesamte jüdische Exodus aus muslimischen Ländern – erzwungen oder freiwillig – umfasste zwischen 1948 und etwa 1970 etwa 900.000 Menschen.  Heute leben etwas mehr als 2 Millionen Araber in Israel, was etwa 20 % der Bevölkerung des Landes ausmacht.

Im Grossen und Ganzen blieb die Situation bis 1967 unverändert, abgesehen von der kurzzeitigen Besetzung der Sinai-Halbinsel durch Israel nach der Suez-Krise von 1956. Der sogenannte Sechstagekrieg im Juni 1967, der weitgehend von Präsident Nasser provoziert wurde, führte dazu, dass Israel das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem eroberte. Trotz dieses überwältigenden Sieges bot Israel Verhandlungen über „Land für Frieden“ an – ein Angebot, das von den arabischen Ländern mit den sogenannten „Drei Neins von Khartum“ beantwortet wurde: Nein zu Frieden, Nein zur Anerkennung Israels und Nein zu Verhandlungen mit Israel.

In den Camp-David-Verhandlungen 2000–2001 bot Israel an, sich im Gegenzug für Frieden aus 96 % des Westjordanlands und 100 % des Gazastreifens zurückzuziehen. Den Palästinensern wurde ebenfalls ein Landtausch für die 4 % angeboten, die Israel behalten wollte. Der damalige palästinensische Führer Jassir Arafat lehnte das Angebot ab und leitete daraufhin eine Terroraktion ein, die mehrere tausend Menschenleben kostete. Arafat wurde danach als der Mann bezeichnet, der nie eine Gelegenheit verpasste, eine Gelegenheit zu verpassen. Genauer gesagt bedeutet die Ablehnung wohl, dass die palästinensischen (und teilweise auch andere arabische) Führer ein „Nullsummenspiel” fortsetzten, in dem es keine Kompromisse gibt.

 

3.    Israel ist für das Flüchtlingsproblem der Palästinenser verantwortlich

Professor Dershowitz weist diesen Vorwurf zurück, indem er argumentiert, dass es die arabische Führung und nicht Israel war, die das Flüchtlingsproblem geschaffen hat, und dass es aus politischen Gründen aufrechterhalten wird: Hätten die arabischen Länder Israel 1948 nicht angegriffen, um die jüdische Bevölkerung zu vertreiben, gäbe es heute kein Flüchtlingsproblem. Von den etwa zwei Millionen Arabern in Israel sind keine Flüchtlinge, und nur wenige von ihnen möchten Israel verlassen.

In diesem Zusammenhang weist Professor Dershowitz darauf hin, dass palästinensische Flüchtlinge nach einer einzigartigen Definition des Begriffs „Flüchtling“ behandelt werden, die darauf abzielt, das Problem zu maximieren und zu verewigen, statt es zu lösen. Es handelt sich hierbei um die Definition der UNRWA, die allen Flüchtlingen aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet sowie deren Nachkommen den Flüchtlingsstatus und damit das Recht auf unbefristete Unterstützung durch die Organisation gewährt. Die Palästinenser sind die einzige Volksgruppe der Welt, bei der der Flüchtlingsstatus vererbt wird. Heute umfassen diese laut UNRWA rund 5,9 Millionen Palästinenser.

4.    Israel ist ein Apartheidstaat

Wie Professor Dershowitz jedoch betont, haben arabische und muslimische Bürger in Israel die gleichen Rechte wie Juden, darunter nicht zuletzt das Recht auf Staatsbürgerschaft, das Wahlrecht und den Zugang zu den höchsten Ämtern des Landes. Araber sind zwar vom Wehrdienst befreit, können aber auf freiwilliger Basis in der israelischen Armee (IDF) dienen. Im Gegensatz zu Juden haben Araber jedoch nicht das Recht, nach Israel zurückzukehren. Dershowitz weist darauf hin, dass ein solches Rückkehrrecht gemäss der Definition der UNRWA für Flüchtlinge absurd wäre, und lehnt es kategorisch ab, dass dies etwas mit Apartheid zu tun habe.

5.    Israel hat sich des Völkermords und der Kriegsverbrechen schuldig gemacht

Diese Vorwürfe sind insbesondere im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza vorgebracht worden, und die südafrikanischen Behörden haben sie sogar vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) gebracht.

Völkermord richtet sich, wie Professor Dershowitz schreibt, gegen ein ganzes Volk oder eine ethnische oder religiöse Gruppe, nicht gegen Kriminelle und Terroristen unter ihnen. Die vor dem IGH erhobene Anklage wegen Völkermords ist daher absurd. Die IDF hat grosse Anstrengungen unternommen, um die Tötung von Zivilisten zu vermeiden. Es ist hingegen eine Tatsache, dass die Hamas nicht zwischen militärischen und zivilen Opfern unterscheidet und Zivilisten bewusst als Schutzschilde benutzt, um die Zahl der Todesopfer zu erhöhen. In den vielen westlichen Nachrichtensendungen werden die Zahlen der Hamas für Gefallene, die sowohl Soldaten als auch Zivilisten umfassen, oft unkritisch weitergegeben, was dann den Eindruck eines Völkermords erweckt – und auch erwecken soll.

Zum Zeitpunkt der Entstehung von Dershowitz‘ Buch ging die IDF davon aus, dass über 17.000 Hamas-Soldaten getötet worden waren, während die Hamas gleichzeitig behauptete, dass insgesamt 40.000 Menschen getötet worden seien. Wenn beide Zahlen korrekt sind, hätten zu diesem Zeitpunkt 23.000 Zivilisten ihr Leben verloren. Auch wenn dies offensichtlich eine hohe Zahl und eine Tragödie für die Bewohner Gazas ist, bedeutet dies ein Verhältnis von weniger als zwei zu eins zwischen zivilen und militärischen Opfern, was im Vergleich zu ähnlichen Konflikten sehr niedrig ist.

 

6.    Israel ist an einer erzwungenen Hungersnot beteiligt

Der Internationale Strafgerichtshof (ICC/IStGH), der Anklagen gegen Einzelpersonen verhandelt, hat zwischen 2022 und 2024 Haftbefehle gegen Premierminister Netanjahu und Verteidigungsminister Gallant erlassen – mit dem Vorwurf der erzwungenen Aushungerung von Zivilisten als Teil der Kriegsführung.

Der ICC stützt sich dabei auf einen Bericht der Integrated Food Security Phase Classification (IPC), der davor warnte, dass es zwischen März und Juni 2024 in Gaza zu einer Hungersnot kommen würde.

(In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass der IStGH auch Haftbefehle gegen drei inzwischen von Israel hingerichtete Hamas-Führer unter anderem wegen Mordes, Folter und Geiselnahme erlassen hatte.)

Wie jetzt bekannt ist, kam es zu dieser Hungersnot nicht. Professor Dershowitz weist jedoch darauf hin, dass der Grund für die teilweise knappen Hilfslieferungen an die Bevölkerung darin liegt, dass Hamas die Hilfsgüter beschlagnahmte und auf dem Schwarzmarkt zu überhöhten Preisen weiterverkaufte. Dies ist offensichtlich richtig. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass die Lieferungen nach Gaza zumindest zeitweise nach der Veröffentlichung von Dershowitz’ Buch weiter reduziert wurden, und es ist offensichtlich, dass die Zivilbevölkerung darunter leidet. Die israelischen Behörden befinden sich daher in einer Zwangslage, in der ausreichende Lieferungen einerseits die Hamas stärken und damit den Krieg verlängern würden. Andererseits kann Israel nicht zulassen, dass in Gaza eine Hungersnot herrscht, ohne damit seine moralische Überlegenheit gegenüber den Terroristen zu verlieren. Die israelischen Behörden stehen hier vor einem ethischen Dilemma, das nur durch eine Gradwanderung zu bewältigen ist.

 

7.    Israel ist an der illegalen Besetzung palästinensischen Territoriums beteiligt

Professor Dershowitz verweist hier auf das Völkerrecht und das Kriegsrecht und stellt fest, dass eine militärische Besetzung als Ergebnis eines legitimen Krieges „solange die Feindseligkeiten andauern” fortgesetzt werden kann. (Er verweist dabei darauf, dass die Besetzung Japans sieben Jahre und die Besetzung Deutschlands elf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg andauerte). Da es offensichtlich ist, dass die Feindseligkeiten auf palästinensischer Seite noch andauern, ist die Besetzung folglich legal.

Professor Dershowitz weist hier auch auf die Tatsache hin, dass Israel sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat und seitdem mit dem kontinuierlichen Aufbau einer Kriegsstruktur und anschließenden militärischen Angriffen sowie dem Massaker vom 7. Oktober belohnt wurde – ein Verbrechen, für das noch kein internationales Gericht die Hamas angeklagt hat.

8.    Die illegalen israelischen Siedlungen im Westjordanland stellen ein Hindernis für den Frieden dar

Professor Dershowitz widerspricht dem nicht kategorisch. Er weist jedoch darauf hin, dass der derzeitige, ungelöste rechtliche Status des Westjordanlands eine dauerhafte Friedensregelung erschwert. Das Westjordanland hat seit der Auflösung der britischen Mandatherrschaft nie einen klar definierten oder gar staatlichen Status gehabt. Da die Araber 1948 eine Zwei-Staaten-Lösung im Westjordanland ablehnten, blieben Israel und Jordanien als einzige legitimen Staaten in Palästina übrig. Das Westjordanland ist insofern umstritten und besitzt keine eindeutige staatliche Zugehörigkeit.

Wie bekannt, eroberte und annektierte Jordanien 1948 das Westjordanland, das bis dahin Teil des britischen Mandatsgebiets Palästina gewesen war, und behielt es bis 1967 unter Kontrolle. Nach dem Sechstagekrieg besetzte Israel das Gebiet. Die Resolution 242 des UN-Sicherheitsrats (1967) forderte einen Rückzug Israels „aus Gebieten, die im jüngsten Konflikt besetzt wurden“, jedoch nicht ausdrücklich die Rückgabe des gesamten Westjordanlands an Jordanien.

Jordanien verzichtete 1988 formell auf seine Ansprüche auf das Westjordanland zugunsten der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), die damals als Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt war – nicht an einen bestehenden palästinensischen Staat, denn einen solchen gab es nicht.

Die heutigen Behörden der Palästinensischen Autonomie (PA) im Westjordanland haben bislang Verhandlungen über eine endgültige Regelung, die die Anerkennung Israels als jüdischer Staat und den Erhalt von mehr als 90 % des umstrittenen Gebiets einschliesst, nicht abgeschlossen. So bleibt der Status des Westjordanlands weiterhin ungeklärt.

9.    Israel widersetzt sich einer Zwei-Staaten-Lösung widersetzt

Ein Kernprinzip des Staates Israel ist, dass keine Zwei-Staaten-Lösung möglich ist, solange Terrororganisationen, die Israels Vernichtung anstreben, politische oder militärische Kontrolle über Teile Palästinas ausüben. Diese Haltung ist die logische Folge der wiederholten Untergrabung des Friedensprozesses durch palästinensische Terrorgruppen seit dem Zweiten Weltkrieg.

Derzeit gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass ein dauerhafter Frieden möglich sein könnte – nicht zuletzt, weil viele arabische Staaten offenbar genug haben von den ständigen Forderungen der Palästinenser und ihrer Weigerung, ihre eigenen Probleme zu lösen. Zugleich setzt dieses Ziel jedoch die Neutralisierung oder zumindest erhebliche Schwächung der destruktiven Rolle des Iran im Nahen Osten voraus, ebenso wie eine dauerhafte Regelung für die jüdischen Siedlungen im Westjordanland.

10.    Iran ist kein Hindernis für den Frieden

Diese „Anschuldigung“ bzw. Auffassung ist offensichtlich absurd. Professor Dershowitz betrachtet den Iran als den wichtigsten Akteur im andauernden Krieg im Nahen Osten und folglich als das grösste Hindernis für Frieden in der Region. Das Land kontrolliert (oder man müsste inzwischen sagen „kontrollierte“) den „Ring des Feuers“, also das Bündnis der Terrorbewegungen im Nahen Osten, deren Ziel die Vernichtung Israels ist. Professor Dershowitz betont, dass die mögliche Entwicklung iranischer Atomwaffen in diesem Kontext die weitaus grösste Bedrohung darstellt, und verweist auf frühere und aktuelle iranische Führer, die mit der Auslöschung Israels in einem Atomkrieg drohen.

Es ist zwar denkbar, dass das iranische Regime die Atombedrohung teilweise nur zu Abschreckungszwecken einsetzt. Zugleich ist es kaum möglich, derartige Drohungen nicht als ernst zu erachten. Solange die existenzielle Bedrohung durch den Iran besteht, verdient Israel die möglichst starke Unterstützung der westlichen Welt. Iran muss daran gehindert werden, Atomwaffen zu entwickeln.

Schlusswort des Rezenzist

Professor Dershowitz schliesst sein Buch mit der folgenden zusammenfassenden Frage: Warum priorisiert die radikale Linke Angriffe auf Israel und die Verteidigung der Palästinenser, warum der Nahostkonflikt über alle anderen Konflikten? Er listet hierbei eine Reihe brutaler Kriege und extremer Unterdrückung auf der ganzen Welt auf, für die sich niemand auf der Linken die Mühe macht, einen Finger zu rühren, zum Beispiel die Uiguren, Tschetschenen, Sudanesen und Tibeter. „Aktivisten” wie Greta Thunberg passen wohl auch gut in diese Kategorie. Ich für meinen Teil würde wohl auch die Ukrainer hinzufügen, die in ihrem Kampf gegen den russischen Terrorkrieg zwar relativ breite Unterstützung in westlichen Ländern geniessen, viele jedoch auch der Meinung, dass wir unsere eigene Sicherheit nicht gefährden sollten, indem wir ein Volk unterstützen, das „eigentlich” zu Russland gehört. Und wir haben noch nicht die stolzen Pazifisten gesehen, mit ihren edlen Friedensbotschaften gegen die Regime im Iran und in Nordkorea in ihrem unerbittlichen Kampf gegen Atomwaffen marschieren.

Dershowitz‘ allgemeine Antwort auf solchen Fragen basiert darauf, dass die oben genannten Volksgruppen keine Juden sind und dass es immer einen Grund gibt, „den Juden zu nehmen”.

Auch wenn dies zutreffen mag, bin ich dennoch der Meinung, dass die Liste der Erklärungen über Rassismus hinaus erweitert werden sollte. Der Hass auf Israel ist nicht nur ein Ausdruck von Antisemitismus, sondern auch ein Symptom einer tiefer liegenden Ablehnung westlicher Werte. Wer Israel hasst, hasst oft auch das, wofür Israel steht: Demokratie, individuelle Freiheit, Verantwortlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus. Diese Prinzipien sind den totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts – ob nationalsozialistisch oder kommunistisch – ebenso verhasst wie jenen, die heute im Namen des „Antikolonialismus“ oder der „sozialen Gerechtigkeit“ dieselben Feindbilder weiterpflegen.

Man erinnere sich daran, wie schnell die anfängliche Sympathie vieler Kommunisten und Linkssozialisten für Israel nach 1948 schwand, als sie erkannten, dass der junge Staat kein sozialistisches Kollektiv, sondern eine freiheitliche Demokratie werden würde. Von da an galt Israel nicht mehr als Hoffnungsträger, sondern als Verräter an der „grossen Sache“ – und diese Haltung wirkt bis heute nach.