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Zuerst jagten sie die Juden aus den arabischen Ländern, jetzt versuchen sie, sie aus Europa zu vertreiben.

„Khaybar, Khaybar, ya Yahud – jaish Muhammad sa-ya‘ud“ (Khaybar, Khaybar, ihr Juden – Mohammeds Armee wird zurückkehren), so lautet ein Schlachtruf, der inzwischen auf judenfeindlichen Demonstrationen in Europa zu hören ist.
„Khaybar, Khaybar, ya Yahud – jaish Muhammad sa-ya‘ud“ (Khaybar, Khaybar, ihr Juden – Mohammeds Armee wird zurückkehren) – so lautet ein Schlachtruf, der inzwischen auf judenfeindlichen Demonstrationen in Europa zu hören ist. Khaybar bezeichnet die Oase im heutigen Saudi-Arabien, wo muslimische Truppen unter Leitung von Mohammed im Jahr 629 eine jüdische Gemeinde besiegten und massakrierten.

Aus fast allen Ländern Europas kommen derzeit Meldungen über eine Explosion antisemitischer Angriffe und Äusserungen.

Historischer Hintergrund
1948 versuchten palästina-arabische Terrorverbände und die Armeen der arabischen Nachbarländer, den jüdischen Staat im Moment seiner Geburt zu ersticken. Sechstausend Juden wurden im israelischen Unabhängigkeitskrieg getötet.

Als Reaktion auf den israelischen Sieg von 1948/49 kam es in der gesamten arabischen Welt zu verstärkter Schikane sowie zu blutiger, staatlicher Verfolgung von Juden. Diese Geschichte wird in europäischen Schulbüchern, Organisationen und Massenmedien kaum je erzählt, doch die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Knapp unter einer Million Juden flohen infolge des Unabhängigkeitskrieges aus arabischen Ländern nach Israel. Juden wurden aus arabischen Ländern ethnisch gesäubert.

Jüdische Bevölkerung in der arabischen Welt, 1948–2018. Quelle: Jewish Virtual Library.

Beachten Sie, dass die Verfolgung der Juden in der arabischen Welt auf rein rassistischer Grundlage stattfand: Weil einige Juden im britischen Mandatsgebiet die Frechheit besassen, sich gegen Überfälle und Terrorakte zu verteidigen, wurden Juden in Marokko, Ägypten, Libyen, Syrien, Irak usw. Opfer von Verfolgung – obwohl sie mit dem Konflikt im Mandatsgebiet Palästina nichts zu tun hatten.

Der Schwarze Sabbat
In den letzten Jahrzehnten haben islamistische und nationalistische Terrorgruppen, unterstützt vom Iran, ihre Versuche fortgesetzt, den jüdischen Staat von der Landkarte zu tilgen. Am „Schwarzen Sabbat“ des 7. Oktober 2023 massakrierten Hamas-Terroristen über 1400 Israelis. Die militärische Antwort Israels versteht sich nicht als Rache, sondern soll sicherstellen, dass Hamas nicht erneut die Möglichkeit erhält, ein solches Massaker zu verüben, und soll all jene abschrecken, die ähnliche Träume hegen – allen voran der Iran, die Hisbollah und Hamas, aber auch die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden unter Fatah sowie eine Reihe weiterer Terrorgruppen im Westjordanland, in Syrien und im Irak.

Auswirkungen des 7. Oktober in Europa
Im Gefolge des israelischen Verteidigungskriegs seit Oktober 2023 ist es weltweit zu einer Explosion von Schikane und Drohungen gegen Juden gekommen. Forschungs- und Monitoringstellen stellen eine ähnliche Entwicklung auch in europäischen Ländern fest.

Der Antisemitismusbericht 2024 der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) dokumentiert ein beispiellos hohes Niveau antisemitischer Vorfälle seit Ende 2023. Der Bericht hält fest, dass der Krieg im Nahen Osten der wichtigste Treiber dieser Vorfälle ist und dass viele jüdische Menschen ein Vermeidungsverhalten entwickeln – sie vermeiden es, in der Öffentlichkeit als jüdisch erkannt zu werden.

Auch in Deutschland zeigt der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) einen dramatischen Anstieg: Zwischen dem 7. Oktober und dem 9. November 2023 wurden 994 antisemitische Vorfälle mit Bezug zu den Massakern der Hamas erfasst – mehr als eine Verdreifachung gegenüber dem früheren Durchschnitt. Die RIAS-Berichte schildern, wie antisemitische Äusserungen und Übergriffe immer stärker in den Alltag von Juden eindringen – in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und an den Hochschulen – und das Sicherheitsgefühl der jüdischen Gemeinschaft massiv beeinträchtigen.

Aus fast allen Ländern Europas kommen heute Meldungen über eine massive Zunahme antisemitischer Angriffe und Äusserungen. Wieder geschieht die Verfolgung auf rein rassistischer Grundlage. Auf vielen pro-palästinensischen Demonstrationen werden islamistische Dschihad-Rufe und Träume vom Töten von Juden geäussert.

Ein grosser Teil der antisemitischen Welle, die derzeit über Europa rollt, wird von zweiten und dritten Generationen von Einwanderern aus arabisch-muslimischen Ländern vorangetrieben – den Enkeln und Urenkeln jener Araber, die in den 1950er- und 1960er-Jahren die Juden aus dem Nahen Osten und Nordafrika vertrieben.

Diese Situation stellt die Menschen in Europa vor eine Bewährungsprobe. Werden wir akzeptieren, dass Juden aus unseren Ländern eingeschüchtert und vertrieben werden, oder werden wir uns gegen die islamistischen, rechtsextremen und linksextremen Kräfte stellen, die Judenhass fördern?

Der islamische Judenhass
Der islamische Judenhass hat tiefe Wurzeln. Ab dem 7. Jahrhundert gerieten Juden und Christen im Gebiet Israel und im übrigen Nahen Osten unter arabische und muslimische Herrschaft. Die darauffolgende Diskriminierung war umfassend:

– Pflicht zur Zahlung von Sondersteuern (die Tributsteuer „Dschizya“)
– keine öffentlichen Ämter
– kein Tragen von Waffen
– kein Zeugnis gegen Muslime
– keine neuen Kultstätten

Im Lauf der Geschichte gab es zahlreiche Pogrome in arabischen Ländern, bei denen der Mob in jüdische Viertel eindrang, plünderte, vergewaltigte und viele tötete – genau wie wir es am 7. Oktober erneut sahen.

Israel als Schutzhafen
Israel wurde 1948 als jüdischer Staat wiederhergestellt, dort, wo die Juden ihr kulturelles und sprachliches Heimatland historisch hatten. Zur gleichen Zeit erhielten auch die arabischen Länder ihre Unabhängigkeit nach Jahrhunderten unter osmanischer Herrschaft und europäischer Kolonialmacht. In den Staaten, die sich auf eine arabische und muslimische Identität gründeten, flammte die Verfolgung der Juden jedoch erneut auf – inspiriert von alter muslimischer Intoleranz, vermischt mit antisemitischem Gedankengut der Nationalsozialisten in Europa.

Israel wurde leider nicht rechtzeitig gegründet, um als Zufluchtsort für die europäischen Juden im Holocaust zu dienen. Doch glücklicherweise konnte Israel in der Nachkriegszeit die meisten jüdischen Flüchtlinge aufnehmen, die aus der arabischen Welt gedrängt und vertrieben wurden (siehe Übersicht oben). Eine Mehrheit der Juden in Israel hat heute familiäre Wurzeln in arabischen und muslimischen Regionen des Nahen Ostens und Nordafrikas.

Das macht es gerecht und angemessen, dass die Juden einen Staat erhalten haben und dass dieser Staat in einem Gebiet liegt, das zuvor eine arabische Bevölkerungsmehrheit hatte. Sie stellten zwei Prozent der Bevölkerung des Nahen Ostens, begnügen sich aber heute mit 0,2 Prozent der Landfläche.

Ein selbständiger jüdischer Staat bricht jedoch mit jahrhundertelanger arabischer Vorstellung von Juden als Dhimmis (d. h. unterworfene „Schutzbefohlene“ unter islamischer Herrschaft). Dass die Juden nicht länger die untergeordnete Stellung akzeptieren, die ihnen der Islam zuschreibt, ist eine der Haupterklärungen dafür, weshalb viele Araber den jüdischen Staat ablehnen. In arabischen Augen sind die Juden in Israel dieselben Juden, die in den arabischen Ländern jahrhundertelang unterdrückt und erniedrigt wurden.

Dass Israel stark geworden ist, sich selbst verteidigen kann und gut funktioniert, wird als völlig widernatürlich empfunden – etwas, das man nicht akzeptieren kann.

 

 

Über den Autor:
Conrad Myrland ist Leiter von MIFF International.